Nach ziemlich genau 10 Jahren, einer mit sich selbst beschäftigten Bundespolitik und dem immer lauter werdenden Ruf nach einem bedingungslosen Grundeinkommen, hat sich Susanne Wiest aus Alt Tellin erneut an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages, mit der Bitte um Anhörung gewandt.
Es war schon ein Ereignis damals, als am Montag, dem 8. November 2010 zur Anhörung der Petition „Der Bundestag möge beschließen, das bedingungslose Grundeinkommen einzuführen“ der Zuschauerandrang so groß wurde, dass neben dem ausgefüllten Anhörungssaal ein weiterer Saal mit Videoliveschalte frei gemacht werden musste. Alles sprengte den gesetzesstarren Rahmen des hohen Hauses. Weder hatte man mit so vielen Menschen gerechnet, weder schienen die meisten Politiker überhaupt fit im Thema vorbereitet, weder wusste das Ordnungspersonal, was es von der Kopfbedeckung der meisten Gäste halten sollte: Goldene Kronen.
Denn dem Grundeinkommen immanent ist der Satz: „Sei deine eigene Königin, bzw. sei dein eigener König!“ Wobei man sich hier das Bild von der guten Königin/ dem guten König vergegenwärtigen soll, der selbstbestimmt handelnd für Mensch, Natur und Umwelt Sorge trägt.
So kam es auch während der Rede von Susanne Wiest im Petitionsausschuss und den irritierten Bemerkungen seitens der Politik („dann sei ja jeder gleich!“), immer wieder zu Beifallsbekundungen des Publikums, welche sich trotz Anmahnung der Vorsitzenden nicht unterbinden ließen. So emotional ist das Thema! Sogar so emotional, dass bereits im Vorfeld der Mitzeichnung der Petition zum ersten mal in der Geschichte des Bundestages öfter der Server zusammengebrochen war, da er einfach vom Ansturm der Mitzeichnungsfreudigen überlastet war.

Jetzt sind 10 Jahre vergangen, in denen das Thema Grundeinkommen weiter reifte. Zwischenzeitlich konnte man 2016 in der Schweiz per landesweiter Volksabstimmung dazu abstimmen und 23,5% der Bevölkerung gaben aus dem Stand ein klares JA dazu. 2017 dann gründete sich die Einthemen Partei „Bündnis Grundeinkommen“, mehr aus Ermangelung an der Abstimmungsmöglichkeit auf Bundesebene in Deutschland per Volksabstimmung Dinge entscheiden zu können und trat zur Bundestagswahl an. Susanne Wiest, inzwischen zur Bundesvorsitzenden gewählt, holte mit unzähligen Helferinnen und Helfern in allen 16 deutschen Bundesländern knapp 100.000 Stimmen, welche letztlich anderen Parteien fehlten, die das Thema schlicht (bis heute) verschlafen haben.
Auf die Politik zu warten kam für den Verein „Mein Grundeinkommen“ überhaupt nicht mehr in Frage, angesichts der Dringlichkeit Menschen, unabhängig seitens der Erwerbsarbeit mit Geld auszustatten. So bildeten sie eine Crowdfunding Plattform und verlosen schon seit 2015 andauernd Grundeinkommen in Höhe von € 1.000/ Monat für ein Jahr. Mittlerweile gibt es ein Buch mit den Erfahrungsberichten der Gewinnerinnen & Gewinner zu lesen, was es wirklich in sich hat!
Was manchem vielleicht als Schnapsidee erscheint, erhellt sich bei genauerer Betrachtung, denn das Thema schwelt schon seit über 250 Jahren in der Welt. Und es kommt sogar immer öfter der Ruf aus der Wirtschaft, Philosophie, Sozialarbeit und von Unternehmerinnen und Unternehmern, wie zB. Götz W. Werner, bekannt als Gründer der Drogeriemarktkette DM, der bereits seit Jahrzehnten viele Bücher dazu veröffentlicht und Vortragsreisen begangen hat.
Jetzt, 2020, im Angesicht der Coronakrise wird überdeutlich, dass Menschen ein EINKOMMEN brauchen und dass dieses oft wirtschaftlich nicht, bzw. nur mangelhaft zu generieren ist. Schon jetzt bekommen sechs von zehn Menschen in Deutschland ein Einkommen, dass nicht aus Erwerbsarbeit, sondern aus Transferleistungen, Rente oder anderen Einkünften besteht. Da nun coronabedingt auch noch ein großer Teil des restlichen Erwerbssektors entfällt kommt von der Politik Kurzarbeitergeld, Steuererleichterung, Mietnachlass, möglicherweise Helikoptergeld uvm., anstatt den Menschen einfach ein menschenwürdiges bedingungsloses Grundeinkommen zu gewähren.
Warum das so ist, wie es ist? Möglicherweise stecken wir in unseren Gesellschaftsvorstellungen noch so tief im Mittelalter, dass es sich schlicht nicht (allerdings ausgerechnet von „hohen Politikern“/ monatliche Diät € 10.000,- und mehr und bedingungslos) vorgestellt werden kann, Menschen mit einem monatlichen Geldbetrag auszustatten, der ihnen lediglich Existenz und Handlungsspielraum sichert ohne diese Absicherung an einen Erwerbsjob zu heften, der eh aufgrund Digitalisierung und Maschinisierung schwindet. Andererseits ist der Geldbetragszusatzkatalog mittlerweile so dick und unübersichtlich, dass dessen Verwaltung und Kontrolle ein eigener kostenverschlingender Staatsapparat geworden ist, der letztlich ineffizient und, von Rente, über Arbeitlosengeld, bis hin zu Steuergeschenken an CumEx-Betrüger, darüber hinaus menschenunwürdig bis verletzend ist.
Um so wichtiger jetzt das Thema wieder in den Bundestag zu tragen, auf das vielleicht diesmal, 10 Jahre weiter gereift, das Thema erkannt und umgesetzt wird.
Zur Petition:
https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2020/_03/_14/Petition_108191.nc.html

Zur Homepage von Susanne Wiest: https://www.susannewiest.de/petition-an-den-bundestag-einfuehrung-eines-bedingungslosen-grundeinkommens/
Zur Petition vom 8.11.2010: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2010/31904334_kw45_pa_petitionen-203030
„Warum das so ist, wie es ist? Möglicherweise stecken wir in unseren Gesellschaftsvorstellungen noch so tief im Mittelalter, dass es sich schlicht nicht (allerdings ausgerechnet von „hohen Politikern“/ monatliche Diät € 10.000,- und mehr und bedingungslos) vorgestellt werden kann, Menschen mit einem monatlichen Geldbetrag auszustatten, der ihnen lediglich Existenz und Handlungsspielraum sichert ohne diese Absicherung an einen Erwerbsjob zu heften, der eh aufgrund Digitalisierung und Maschinisierung schwindet.“
Hoffen wir also, „auf das vielleicht diesmal, 10 Jahre weiter gereift, das Thema erkannt und umgesetzt wird“: klar und deutlich!
Das Maß an sozialer Sicherung und individueller Selbstbestimmtheit, das mit dem bedingungslosen Grundeinkommen möglich wäre, existiert bereits heute mit anderen Instrumenten.
Das bedingungslose Grundeinkommen hat jedoch wesentliche Nachteile. Es schwächt beides, die persönliche und die öffentliche Verantwortung für gesellschaftliche Teilhabe.
Die Erwerbsbeteiligung als Grundlage eines Gesellschaftsvertrags aufzugeben, der auf eigener Anstrengung und kollektiver Solidarität, individueller Freiheit und gesellschaftlicher Verantwortung basiert, wäre fatal und unnötig.
„Das Maß (…) existiert heute bereits mit anderen Instrumenten“?
Bitte erzählen Sie das mal dem Schlachthofarbeiter bei Tönnies, dem Fliessbandarbeiter bei Mercedes (der nich mehr Autos für noch weniger Parkplätze und nich schlechteres Klima produzieren muss), dem Callcenter-Mitarbeiter, der für die Telekom noch mehr Handies an den Bürger drücken muss, um seine armselige Provision zu kassieren… .
All diesen, und noch viel mehr Menschen ist eines gemein: Sie arbeiten in Jobs, von denen sie im tiefsten Inneren wissen, dass sie nicht richtig sind. Aber sie können es sich nicht leisten, dort aufzuhören. Selbstbestimmtheit? Nicht in Sicht. Stattdessen Teilhabe an Umweltzerstörung und eigenem Zerfall, zugunsten einiger feister Milliardäre.
Raubbau an unserer Natur, Waffenproduktion im Übermaß, Verrohung des einstmaligen Landes der „Dichter und Denker“: Das ist der Output aus der längst onsolet gewordenen Denke „Brot gegen Arbeit“.